Rückblicke 2017
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Am 18. November lud die Archäologische Gesellschaft zur alljährlichen Adventsveranstaltung, die in diesem Jahr der bronzezeitlichen Befestigung ‚Heidenschanze‘ in Dresden-Coschütz gewidmet war. Zum Auftakt führte Gästeführerin Kathrin Wilhelm durch das aus einem slawischen Rundweiler hervorgegangene Altcoschütz. Mit Schwung brachte sie uns die wechselvolle Geschichte des einstigen Dorfes nahe, stellte prominente Persönlichkeiten vor und machte auf verborgene Winkel aufmerksam. Erfreulich war, dass sich etliche interessierte Coschützer der Veranstaltung anschlossen.
Im Coschützer Gasthof stellte Dr. Konstanze Jünger die Ergebnisse ihrer Promotion zur Genese und Nutzung der Wallanlage während der Bronzezeit vor. Circa die Hälfte des Bergspornes wurde durch Syenit-Abbau abgetragen; erst 1973 gelang es, die endgültige Stilllegung des Steinbruches zu erwirken. Im Vorfeld dieser Teilzerstörung wurden zwischen 1933 und 1957 Grabungen durchgeführt, deren Ergebnisse nun erstmals in einer Zusammenschau vorgelegt wurden. Neben der zweiphasigen Befestigung wurden im Inneren der Anlage Reste von Pfostenbauten und Öfen, die der Bronzeverarbeitung dienten, nachgewiesen. Die überregionale Bedeutung lässt sich einerseits an der verkehrstopographisch herausgehobenen Lage am Wegenetz zwischen Elbtal und Erzgebirge festmachen, bei der vermutlich auch die Erschließung von Zinnlagerstätten eine Rolle spielte. Zum anderen weisen Funde fremder Provenienz auf weitreichende Handelsverbindungen nach Süden hin.
Mit Beginn der Grabungen in den 1930 Jahren avancierte das Vorzeige-Projekt des frühen NS-Staates zur Pilgerstätte: So konnten z.B. im Jahr 1933 ca. 25000 Besucher, darunter ganze Schulklassen, einen Blick auf die großzügig angelegten Grabungsflächen werfen – ein Besucheransturm, der Coschütz in diesem Ausmaß wohl nie wieder vergönnt war. Nach einer von Dr. Michael Strobel gebotenen Einführung in die Forschungsgeschichte während der NS-Zeit wurde ein 1933 entstandener Dokumentarfilm vorgeführt, der das emsige Treiben in monumentalen Grabungsschnitten zeigt. Während damals herausragende Funde explizit erwünscht waren, wurde der einfache „Beifang“ gern als Souvenir an Besucher veräußert. Die heutige Archäologie steht vor der Aufgabe, ererbte Grabungsdokumentationen nach aktuellen Maßstäben aufzuarbeiten und neu zu bewerten, aber auch den verbliebenen Denkmalbestand für künftige Generationen zu bewahren.
Beim Spaziergang über die das Weißeritztal steil überragende Heidenschanze stand Konstanze Jünger bei der Verortung von Grabungsschnitten und archäologischen Strukturen zur Seite. Zwanglos ergab sich immer wieder Gelegenheit, Fragen zu stellen und mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Bei einem Schluck Glühwein klang der Tag, und damit auch ein gehaltvolles Veranstaltungsjahr aus.
An dieser Stelle sei allen Beteiligten, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben, ein herzlicher Dank ausgesprochen!
Am 8. Oktober lud Ausstellungkuratorin Ruth Hecker zum Rundgang durch die umfangreiche Sonderausstellung „Höhlen, Mythen, Löwenmensch – Die Kunst der Steinzeit“. Der Themenreigen führt in die Welt vor 36.000 bis 12.000 Jahren, die von Klimaschwankungen, naturnaher Lebensweise und saisonalem Wandel geprägt war. In diesem Milieu entstanden im Raum zwischen Westeuropa und Russland faszinierende Kunstwerke, unter denen vor allem opulente Venusfiguren und von souveräner Linienführung und warmen Farbtönen getragene Höhlenmalereien hervortreten. Während reife Damen wohl für das Prinzip Fruchtbarkeit in seiner ganzen Vielfalt stehen, stellte man Männer vorwiegend als Mischwesen oder potente Jäger dar. Schamhaftigkeit war seinerzeit weniger ausgeprägt, und auch dem Betrachter ist geraten, selbige – zumindest für die Dauer des Ausstellungsbesuches – über Bord werfen. Ruth Hecker lässt mit ihrem Einfühlungsvermögen und den behutsamen Interpretationen vor unserem inneren Auge eine Welt erstehen, die man zwar nicht erlebt, aber gesehen haben möchte. Am Ende des Rundganges wäre man gerne zu den Originalschauplätzen aufgebrochen!
Die Ausstellung, zu der ein Begleitheft erschienen ist, kann noch bis zum 25. Februar 2018 in Kamenz besichtigt werden.
Als am 23. September etwa 45 Teilnehmer in Moritzburg bei strahlendem Sonnenschein und unter blauem Himmel zur traditionellen Radtour durch die Großenhainer Pflege aufbrachen, war die Altersspanne so groß wie in keinem Jahr zuvor. Es ist sehr erfreulich, dass mit uns viele Kinder und Jugendliche die vorgeschichtlichen Fundstellen, Kirchen und Schlösser dieser Region erkundet haben. Besonders erfreulich ist auch das große Engagement, mit dem sich Fördervereine und Ehrenamtliche für die romanische Kirche in Steinbach, Schloss Lauterbach und die Kirche in Reinersdorf einsetzen. Wir danken Herrn Skeide in Steinbach, Frau Friese in Lauterbach und Herrn Richter in Reinersdorf dafür herzlich, dass sie uns diese Kleinode aufgeschlossen und durch sachkundige Führungen nähergebracht haben. Besorgniserregend waren Spuren von Raubgräbern bzw. illegalen Sondengängern, die in bronzezeitlichen Grabhügeln auf dem Lindenberg bei Moritzburg herumgewühlt und an den Denkmälern erheblichen Schaden angerichtet haben. Die Strafanzeige wird nicht lange auf sich warten lassen.
Welchen Schwankungen die Siedlungsintensität in der Großenhainer Pflege seit der Jungsteinzeit unterlag, dürfte am Beispiel der bronze- und kaiserzeitlichen Fundstellen deutlich geworden sein. Auf Phasen dichter Besiedlung folgten immer wieder solche von jahrhundertelanger Leere, zuletzt in der Zeit zwischen 500 und 1000 n.Chr. Es wäre somit ein Irrglaube, die Bevölkerung Sachsens auf ein bestimmtes prähistorisches Volk zurückzuführen.
Am 19. August besuchten wir unter kundiger Führung von Dipl.-Prähist. Volkmar Geupel (AGiS-Mitglied) das Westerzgebirge. Den Ausgangspunkt bildete Schloss Schlettau, das – hervorgegangen aus einer mittelalterlichen Wasserburg – Mittelpunkt einer kleinen, fünf Dörfer umfassenden Herrschaft war. Da schriftliche Quellen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts fehlen und keine archäologischen Funde vorliegen, bleiben die Anfänge von Burg und Stadt im Dunkeln. Die dauerhafte Oberhoheit Böhmens und die Tatsache, dass Schlettau mit den 1367 erstmals genannten fünf zugehörigen Dörfern einen zur Diözese Prag gehörenden Pfarrsprengel bildete, sprechen für eine unter böhmischer Leitung geführte Kolonisation des kleinen Herrschaftsgebietes. Mit den Räumlichkeiten des Schlosses, der wechselvollen Geschichte seiner Bewohner und Ausstellungsschwerpunkten machte uns Historiker und Museumsmitarbeiter Christian Lieberwirth vertraut. Ein gemeinsamer Rundgang durch die Schlettauer Altstadt mit Besichtigung der St. Ulrichs-Kirche rundete den Besuch ab.
Auf der das Erzgebirge querenden Altstraße, die Altenburg und Preßnitz/Přisečnice verband, setzten wir die Reise fort und fanden im „Stockholz“ zwischen Schlettau und Elterlein imposante Hohlwege vor. Eine prächtige Aussicht bot der Aufstieg zur wüsten Burgstelle Hermannsburg, die vermutlich Sitz eines kleinen Herrschaftsträgers war. Die Überreste der Burg sind im Gelände noch als umwalltes Turmhügel-Plateau und anhand einiger Trockenmauern erkennbar. Hier war der Blick des Kenners gefragt, der uns an der Deutung der Geländemerkmale teilhaben ließ.
Aus der Ferne betrachteten wir mit Hermannsdorf den Idealtypus eines Waldhufendorfes der Hochkolonisationszeit (12./13. Jahrhundert). Zum Abschluss ließen wir den in voller Höhe erhaltenen, fensterlosen Tannenberger „Passklausenturm“ auf uns wirken, der vermutlich im 13./ 14. Jahrhundert entstand. Als dauerhafte Wohnstätte eher ungeeignet, diente er vermutlich der Bevorratung oder als zeitweilige Zuflucht.
Ein herzlicher Dank an Herrn Geupel, der uns auch diesmal wieder eine gelungene Mischung aus Kulturgut und Natur nahegebrachte, sowie an Herrn Lieberwirth und Pfarrer Diethelm Eckhardt für ihre ambitionierten Führungen!
Zur Nachlese: Volkmar Geupel: Führer zu den Burgen und Wehrkirchen im Erzgebirgskreis. Dresden 2013
Im Juni sank der Elbpegel soweit, dass unser Hungerstein (2016) in Dresden-Tolkewitz trockenen Fußes erreichbar war. Aus diesem Anlass luden wir am 20. Juni spontan zu einem Treffen an die Elbe. Die Beteiligten des Vorjahres standen für Fragen zu Geologie, Archäologie, Steinbearbeitung und historischen Laufverlagerungen zur Verfügung. Vor stimmungsvoller Kulisse und bei handgemachter Musik ließen wir das erste Halbjahr gebührend ausklingen. Hungern musste niemand…
Zur thematischen Nachbereitung: Die Karten, die das Elbe-Hochwasser von 1845 verzeichnen, kann man online im Kartenforum der SLUB einsehen. Der damalige Pegelstand von 8,77 m lag knapp 60 cm unter dem historischen Höchststand des Jahres 2002. Obwohl im März 1845 ca. 900 Familien ihr Obdach verloren, waren keine Todesopfer zu beklagen – ein Erfolg, der auf die seit Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzenden Präventionsmaßnahmen (Schutzdämme, Aufklärung der Bevölkerung, Signalkanonen, Einrichtung höhergelegener Fluchtplätze, Gründung von Rettungsvereinen) zurückzuführen ist.
In diesem Jahr wird das 500jährige Jubiläum der Ersterwähnung der Lommatzscher Pflege gefeiert. Die wenigsten archäologischen Kulturdenkmäler dieser fruchtbaren Agrarlandschaft sind heute noch sichtbar: An das sogenannte Stammesheiligtum der Daleminzier, den Paltzschener See erinnert nur noch ein Entwässerungsgraben, der eine Senke östlich von Striegnitz durchzieht; von der slawischen Burganlage bei Hof/ Stauchitz ist nur noch ein flacher Wall zu erkennen.
Die Feierlichkeiten waren ein willkommener Anlass, genau diese „Schlüsseldenkmäler“ der vorgeschichtlichen und mittelalterlichen Besiedlungsgeschichte wieder ins Bewusstsein zu heben und in den Mittelpunkt unserer diesjährigen archäologisch-heimatkundlichen Radtour zu stellen. Etwa 30 Teilnehmer machten von diesem Angebot Gebrauch, darunter viele, die auch schon in den vergangenen Jahren auf den Spuren der Vergangenheit radelten, aber z.B. noch nie Gelegenheit hatten, die wunderbare Renaissance-Kassettendecke im heutigen Ratssaal von Schloss Hof (Gde. Naundorf) mit eigenen Augen zu betrachten und die emblematischen Darstellungen zu entschlüsseln. Bürgermeister Michael Reinhardt von der Gemeinde Naundorf-Hof hat uns nicht nur das Gebäude geöffnet, sondern auch seine Bau- und Nutzungsgeschichte erläutert. Dafür möchten wir uns noch einmal herzlich bedanken.
Dr. Cornelia Rupp (Landesamt für Archäologie) führte uns am 8. Juni durch die von ihr kuratierte Sonderausstellung „Auf der hohen Kante – 20 Pfund Silbermünzen aus der Sächsischen Schweiz“ im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen in Dresden. Nachdem die Auffindung eines der größten Münzschatzfunde Sachsens im April 2016 für mediales Aufsehen gesorgt hatte, wurde hier erstmalig eine Auswahl restaurierter Münzen – gebettet auf Elbsandstein und umgeben von zeitgenössischen Szenerien der Sächsischen Schweiz – präsentiert. Die Schau widmet sich darüber hinaus den Themen Münzkunde, Wert und Herkunft, und liefert Denkanstösse, welche Gründe dazu führten, 10 kg Münzgeld auf die „hohe Kante“ zu legen.
Verborgen hatte man die Münzen einst in mehreren Stoffsäckchen in einer schwer zugänglichen Felsspalte unweit des Kirnitzschtales. Ehrliche Bergsteiger meldeten den Fund der Polizei, die das Landesamt für Archäologie verständigte. Ein Glücksfall für die Bergung des Schatzes war, dass am Landesamt für Archäologie kletterbegeisterte Grabungstechniker tätig sind, die in der Lage waren, die 2275 Silber- und zwei Goldmünzen professionell in mehreren Kampagnen zu sichern.
Untersuchungen von Dr. Wilhelm Hollstein vom Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zufolge handelt es sich für damalige Verhältnisse um „Kleingeld“, das trotz seiner breiten zeitlichen Streuung (1626 – 1819) in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts als Zahlungsmittel im Umlauf war. Damals florierte im Grenzraum zu Böhmen der Schmuggel – dennoch bleiben die wahren Gründe für das Verstecken vorläufig im Dunkeln. Genauso rätselhaft bleibt auch die Tatsache, warum das Depot erst 200 Jahre später geborgen wurde.
Eine schöne Ausstellung, die zum Spekulieren einlädt, und die man in nächster Zeit im Stadtmuseum Pirna und im Chemnitzer smac erleben kann!
Am 30. Mai 2017 endete nach viermonatiger Grabungszeit die vorläufig letzte Grabung im Dresdner Altstadtbereich. Aus diesem Anlass führte Dr. Thomas Westphalen die Archäologische Gesellschaft in Sachsen e.V. , die Kreuzkirch-Gemeinde und interessierte Anwohner gemeinsam durch die Reste der einstigen Parzellenbebauung zwischen Altmarkt und südlicher Stadtbefestigung (Schreibergasse/ Pfarrgasse), die Susanne Schöne M.A. mit ihrem Team untersucht hat.
Auf heutigem Kellerniveau waren Lehmentnahmegruben aus der Zeit der Stadtgründung erhalten, die durch jahrhundertelange Überbauung von knapp 2 m Schutt überdeckt wurden. Ersichtlich war dieses „Hochwohnen“ auch anhand inselartiger Reste von Hofpflasterungen, die sich auf unterschiedlichen Höhenniveaus erhalten hatten. Die mittelalterlichen Parzellengrenzen behielt man bis zur Zerstörung im Februar 1945 bei, wobei die Kellergrößen zur Peripherie hin abnahmen. Deutlich erkennbar war auch die Ablösung des Baumaterials Pläner durch Elbsandstein, die ab im ausgehenden 15. Jahrhundert allmählich vollzogen wurde. Nach der Enttrümmerung verfüllte man die Keller systematisch, so dass kaum Fundmaterial aus dieser Zeit vor Ort verblieb. Eine Ausnahme bildet ein appetitanregendes Email-Werbeschild, welches den „leichtest verdaulichen Käse“ verspricht.
Am 20. Mai luden der Staatsbetrieb Sachsenforst, das Museum der Westlausitz, die Archäologische Gesellschaft in Sachsen e.V. und das Landesamt für Archäologie Sachsen zum interdisziplinären Frühlingsspaziergang ins idyllische FFH-Gebiet „Teichgebiet Biehla-Weißig“ ein. Vierzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschten aufmerksam den Erläuterungen zu Wald- und Teichbewirtschaftung, Archäologie, Flora und Fauna.
Bei der Sumpfschanze von Biehla handelt es sich um einen eisenzeitlicher Ringwall – eine der wenigen Fundstellen Sachsens, bei denen durch ein Feuchtbodenmilieu organische Reste erhalten geblieben sind. Bei Ausgrabungen in den Jahren 2000 – 2003 wurden oberflächennah vielfältige Befunde und Funde angetroffen; darunter Hölzer von Haus- und Wallkonstruktionen in Originallage. Im Inneren der Sumpfschanze wächst heute eine seltene Orchideenart.
Im April 2015 war die Anlage Gegenstand eines Workshops, in dessen Fokus die Entwicklung eines Schutzkonzeptes stand, das den Interessen von Naturschutz, Landwirtschaft und Archäologie gerecht wird. Die Bewahrung der Feuchtwiese vor natürlicher Wiederbewaldung beugt nicht nur der Durchwurzelung archäologischer Befunde durch junge Bäume und Schilf vor, sondern hilft auch, seltene Pflanzen zu erhalten. Aufgrund der starken Durchfeuchtung des Bodens können die notwendige Mahd und die Beräumung des Grünschnittes nur in aufwendiger Handarbeit ohne Maschineneinsatz erfolgen. Dem Engagement von Sachsenforst, das die Anlage im Sommer 2016 aus Privatbesitz übernahm, ist es zu verdanken, dass der Schutz dauerhaft gewährleistet ist. Im Anschluss an die Wanderung bot sich Gelegenheit, gewonnene Eindrücke und Erlebnisse in gemütlicher Runde beim Mittagessen in der Teichwirtschaft der Familie Bräuer Revue passieren zu lassen und weitere Möglichkeiten des Zusammenwirkens von Natur- und Denkmalschutz zu erörtern.
Abbildungsnachweis: Margit Georgi, Julia Grote, Thomas Reuter
Am 13. Mai hatten unsere Mitglieder Manfred Engelmann und Matthias Pilz zu einem Gang über den Löbauer Berg und durch die Löbauer Altstadt geladen. Um Jahrmillionen zurück versetzte uns einführend Matthias Pilz, der die geologischen Besonderheiten des eiszeitlich überformten Vulkankegels erläuterte.
Um 1100 v. Chr. entstand auf dem Schafberg eine stadtartige Anlage, die durch einen massiven Wall mit Steinfront geschützt wurde. Während man den Aufbau der einstigen Schutzmauer anhand punktueller Untersuchungen rekonstruieren konnte, maß Thomas Gerlach in den 1980/90er Jahren im Inneren der über 5 ha großen Anlage zahlreiche Wohnpodeste ein. Heute können derartige Reliefunterschiede durch Methoden, wie den Airborne Laserscan (ALS) – ungeachtet von Bewuchs oder Zugänglichkeit – abgeglichen werden.
Welchen Wert die Patenschaft ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger wie Manfred Engelmann über ein Flächendenkmal hat, konnte man an der Vielzahl an Beobachtungen, die in der Zusammenschau ein Bild der Vergangenheit ergeben, ermessen – sei es durch die regelmäßige Bergung zerscherbter Keramik aus Baumwürfen und Wildschwein-Wühlstellen oder die Beobachtung der hydrologischen Situation im Jahreslauf, aus der man Rückschlüsse auf die Wasserversorgung der bronzezeitlichen Siedlung ziehen kann. Zahlreiche Sagen, die sich um den Berg ranken, verzauberten nicht nur die jüngeren Teilnehmer!
In das Löbauer Umland und dessen Geschichte eintauchen konnten wir vom gusseisernen Turm, der 1853/ 54 auf Initiative eines Löbauer Bäckermeisters entstand. Filigraner kann man 70 Tonnen Eisen kaum formen…Anschließend näherten wir uns mit der Besteigung des Nikolaikirchturmes der Löbauer Altstadt aus der Vogelperspektive, um sie daraufhin zu Fuß zu erkunden. Auf Schritt & Tritt brachten uns Manfred Engelmann und Matthias Pilz sichtbare und unsichtbare Details der Löbauer Geschichte nahe: stellvertretend seien die Türmerwohnung der Nikolaikirche, der Markt und der Alte Friedhof genannt.
Gerade Letzerer benötigt dringend Unterstützung für den Erhalt der Erinnerungsmonumente – Interessierte können sich über den „Altstadtverein Löbau e.V.“ einbringen. Ein herzlicher Dank unseren beiden Exkursionsführern für diesen schönen & aufschlussreichen Tag!
Am 29. April besuchten wir die Sonderausstellung „Schätze der Archäologie Vietnams“ im Chemnitzer smac. Museumsdirektorin Dr. Sabine Wolfram, die viele der vorgestellten Fundstellen aus eigener Anschauung kennt, nahm uns mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte Vietnams. Das schmale, zwischen Bergen, Meer und zwei Flussdeltas gelegene Land hält eine erstaunliche Fülle an Bodenfunden, Kunstobjekten und Tempeln bereit. Sehr früh wurden hier handwerklich herausragende Objekte gefertigt: als Beispiele seien nur jungsteinzeitliche Nephritzepter sowie eisenzeitliche Bronzetrommeln in erstaunlichen Größen genannt. Präsentiert wird u.a. das reichausgestattete eisenzeitliche Bootsgrab von Việt Khê. Den Toten hatte man für seine letzte Reise mit über 100 Beigaben ausgerüstet, unter denen sich zahlreiche bemerkenswerte Bronzeobjekte befinden.
In vielerlei Hinsicht prägend für Vietnam war die fast 1000 Jahre währende Herrschaft der Chinesen in Nordvietnam – ihr Einfluss hinterließ deutliche Spuren in Architektur, Münzwesen, Schrift und Religion. Nach dem Sieg über die Chinesen im Jahr 938 etablierte sich um Hanoi das Reich Đại Việt, symbolisiert vom aufsteigenden Drachen. Hier entstand bereits im 11. Jahrhundert eine erste Universität („Literaturtempel“), die der Ausbildung der Beamten diente. Mit Phantasie und Farbenfreude verzauberte uns auch das traditionelle Wasserpuppentheater. Kulturgeschichtlich führt die Ausstellung bis in die heutigen Tage und darüber hinaus: der aktuell aufkeimende Bauboom lässt in den kommenden Jahren zahlreiche Neufunde erwarten.
Wer selbst Hand anlegen wollte, konnte die Ausstellung mit den Klangfarben einer großen Bronzetrommel und eines Lithophones beschallen. Wir haben uns sehr bemüht…
Bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken klang die Veranstaltung aus. Wir bedanken uns herzlich bei Frau Dr. Wolfram für die schwungvolle Führung!
Für unsere Jahrestagung zum Thema „Slawen und Sorben in der Oberlausitz“ hätten wir keinen besseren Ort als Bautzen wählen können: Seit vielen Jahren ist die Stadt das historische und kulturelle Zentrum der Sorben; hier sind das Sorbische Museum und das Sorbische Institut fest verankert.
Dennoch hat das Interesse alle Erwartungen übertroffen: Unser Gastgeber und Leiter des Museums Bautzen, Dr. Jürgen Vollbrecht, und Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens konnten nicht nur 40 Gesellschaftsmitglieder, sondern 23 weitere Teilnehmer im voll besetzten Saal des Museums begrüßen. Auf welche Irrwege ein Volksbegriff führen kann, der unkritisch und unreflektiert auf archäologische und historische Quellen angewandt wird, zeigte Judith Schachtmann M.A. am Beispiel des Bautzener Lehrers und Museumsleiter Walter Frenzel, der sich bei allen Verdiensten um die Erforschung der Vorgeschichte im Raum Bautzen während der 1920er Jahre tief in den Nationalsozialismus verstrickt hatte. Hackersilberfunde sind eine einzigartige Quelle für die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen im slawischen Ostmitteleuropa vom 9. bis ins 11. Jh. v. Chr. Welche großen Potentiale Metallanalysen für die Bestimmung von Herkunft und Verteilung des Silbers besitzen, hat der Görlitzer Museumsleiter Dr. Jasper von Richthofen eindrucksvoll aufgezeigt. Dass diese Deponierungen durchaus mit Tributzahlungen in Zusammenhang stehen könnten, die in der historischen Überlieferung mehrfach erwähnt werden, war nur ein Teilaspekt des Vortrags von Prof. Dr. Matthias Hardt vom GWZO in Leipzig, der für die Lausitz im 11. Jh. ein mitunter blutiges Panorama dynastischer Verbindungen, Kriegszüge und Friedensschlüsse im Spannungsfeld von Ottonen, Saliern, Piasten und Přemysliden aus den Schriftquellen entfaltete. Dipl.-Mus. Volker Schimpff schließlich verfolgte den Sorbennamen bis in die Quellen des 8. Jahrhunderts zurück, um überzeugend nachzuweisen, dass unter diesem politischen Begriff anfänglich alle westslawischen Verbände verstanden wurden. Eine pauschale Zurückweisung ethnischer Fragestellungen ist sicherlich ebenso falsch wie die unkritische Vermengung archäologischer, namenkundlicher oder historischer Quellen zur Legitimation politischer Ziele. So demonstrierte der Überblick über den archäologischen Forschungsstand durch Dr. Thomas Westphalen einmal mehr, wie schwer es ist, schriftliche und archäologische Überlieferung in Deckung zu bringen. Auf ebenso großen Zuspruch wie das Vortragsprogramm stieß die Führung durch die Sonderausstellung „Fleisch!“. Wir möchten Herrn Dr. Vollbrecht nicht nur für seine anschaulichen Ausführungen zum Thema Jagd in der Steinzeit, sondern auch für die Vorbereitung der Veranstaltung ganz herzlich danken und in diesen Dank alle Museumsmitarbeiter einschließen!
Bei frühlingshaften Temperaturen tauchten wir am 25. März unter kundiger Führung von Dr. Susanne Baudisch (AGiS), Gabriele Kämpfner (Museum Borna) und Gert Schreiber (Geschichtsverein Borna) in die Bornaer Geschichte ein. Zum Auftakt umrundeten wir in der Wyhra-Aue die einstige Wasserburg „Jahnschloss“ (1294 castrum), auf die heute nur noch schwache Bodenerhebungen hinweisen. Dabei führte unser Weg auch durch die seit Alters zusammengehörenden Dörfer Wenigborna und Altstadt Borna auf der Hochterrasse nahe der Burg. Bis zur Reformation stand in Altstadt Borna eine Pfarrkirche: von dieser völlig verschwundenen Johanniskirche künden heute nur noch Flurnamen bzw. topografische Relikte wie der Johannisgraben oder der Johannisteich. Die städtische Keimzelle Bornas allerdings fand sich nördlich der Kunigundenkirche um den alten Färberplan (heute Königsplatz). Erst nach 1200 siedelten Handwerker und Kaufleute in den Bereich der planmäßig angelegten Stadt, die wir heute als historischen Stadtkern mit dem Marktplatz wahrnehmen. Die vereinte Kompetenz der Teilnehmer, die die Suche nach Verortung und Deutung historischer Plätze tatkräftig unterstützten, verlieh der Veranstaltung den Charakter eines Outdoor-Workshops: Immer wieder wurden Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen eingeflochten; Rekonstruktionen alter Verkehrswege oder mögliche Keimzellen der späteren Stadt diskutiert. Zwischen den Erkundungsgängen sammelte man sich im Museum der Stadt Borna, das im Reichstor untergebracht ist.
Neben der wunderbar improvisierten Verköstigung bestand hier die Möglichkeit, Kurzreferaten zu lauschen und Fundmaterial zu studieren. Der Stadtrundgang führte auch zu bedeutenden Profan- und Sakralbauten. Borna ist mit drei Kirchen gesegnet, wie sie unterschiedlicher kaum sein können: die Kunigunden-Kirche – eine romanische Backsteinbasilika mit Wandmalereien des 15. Jahrhunderts, die spätgotische Hallenkirche St. Marien und die kleine Emmauskirche, deren Umzug vom abgebaggerten Heuersdorf nach Borna landesweit für Aufsehen sorgte. Die Fotodokumentation dieser logistischen Meisterleistung von Thomas Bergner kann in der St. Marien-Kirche bestaunt werden. Eindrucksvoll war auch der Klang der großen Glocke der Marienkirche, die nur zu wenigen Anlässen des Kirchenjahres erklingt, und die in unserem Beisein geläutet wurde.
An dieser Stelle möchten wir nochmals allen Beteiligten, die zum Gelingen dieser schönen Veranstaltung beigetragen haben, unseren herzlichen Dank aussprechen – neben den oben Genannten sind dies weiterhin Prof. Dr. Gerhard Graf (Leipzig), Helmut Hentschel (Förderverein Rötha. Gestern. Heute. Morgen e.V.), Sup. Matthias Weissmann und Jürgen Schmidt (Kirchgemeinde Borna), Thomas Bergner und Jörg Fritsch (Museum Borna) sowie die guten Geister vom Geschichtsverein Borna e.V., die uns so gastfreundlich umsorgten!
Die Leipziger Volkszeitung berichtete über die Veranstaltung.
Wer vor sieben Jahren die vom Landesamt für Archäologie Sachsen maßgeblich kuratierte Ausstellung „Luxus in Scherben“ in Dresden gesehen hat und heute in dem reich bebilderten Katalog blättert, wird nachvollziehen können, wie viel Porzellanherstellung und Archäologie miteinander zu tun haben, und dass das älteste europäische Zentrum der Porzellanherstellung in Europa auf der Meissener Albrechtsburg lag. Hier haben Archäologen die Brennöfen der berühmten Porzellanmanufaktur und die Pferdegöpel für die Masseaufbereitung im Kornhaus freilegt. Weitere Zeugnisse der Porzellanherstellung sind die Scherbenhalde am Nordhang des Schloßberges zur Meisa hin sowie die Schlossröhrfahrt zur Wasserversorgung der Produktionsstätten. Erst 1867, über 100 Jahre nach ihrer Gründung wurde die Produktion aus technischen Gründen vom Burgberg in das Triebischtal verlegt. Ein Besuch der Meissener Porzellanmanufaktur durch die Archäologische Gesellschaft in Sachsen war also längst überfällig.
Am Samstag, dem 4.3.2017 war es schließlich so weit. Wir verdanken die Besichtigung unserem Mitglied Jörg Danielczyk, der als Chefdesigner das Unternehmen seit Jahren mit geprägt und manche Großplastik aus Porzellan wie eine lebensgroße „Saxonia“ im Abendkleid gestaltet hat. Eine Probe seines künstlerischen Könnens durften die Teilnehmer am Ende sogar mit nach Hause nehmen. Herzlichen Dank!
Gleich zwei Vorträge und eine ausgedehnte Führung boten die einmalige Gelegenheit, nicht nur die Geschichte des Hauses und den Lebenslauf eines führenden Mitarbeiters, sondern auch das Herzstück der Herstellung, das Formenarchiv kennenzulernen, durch das uns sein Leiter, Herr Marschner führte. Währenddessen erfuhr der Nachwuchs von Frau Danielczyk, wie Porzellan hergestellt wird und im 18. Jahrhundert den höfischen Alltag bestimmte. Der pädagogische Erfolg zeigt sich an dem Eifer, das erworbene Wissen über barocke Sitten gleich beim Decken des Abendessentisches nutzbringend anzuwenden.
Wir möchten uns beim Ehepaar Danielczyk und Herrn Marschner ganz herzlich für einen ebenso informationsträchtigen wie kurzweiligen Nachmittag bedanken, der allen als ein Höhepunkt unseres Aktivitätsjahres in Erinnerung bleiben wird.
Ziel unserer diesjährigen Winterexkursion war die Finisage der Sonderausstellung „Aus dem Bautzener Untergrund – Neues aus der Stadtarchäologie“ im Museum Bautzen. Einführend stellte Dr. Thomas Westphalen in seinem Vortrag „500 Jahre Bautzener Stadtgeschichte im Spiegel archäologischer Quellen“ das Aufkeimen der Stadt anhand von Bodenfunden und den ältesten Schriftquellen vor, veranschaulichte die überregionale Einbindung Bautzens in das historische Verkehrsnetz und schlug den Bogen zu anderen Frühstädten Sachsens. Anschließend führte unser Mitglied Museumsleiter Dr. Jürgen Vollbrecht durch die umfangreiche und in wunderbar stimmungsaufhellenden Farbtönen gehaltene Ausstellung. Schlaglichtartig wurden aktuelle Grabungen aus dem Bautzener Stadtgebiet sowie die Arbeitsweise von Archäologen vorgestellt. Vielfältige Bodenfunde illustrierten den Alltag der Stadtbevölkerung im Wandel der Jahrhunderte. Wer Freude am Rätselraten hat, war hier am richtigen Ort. Eine wichtige Einsicht: Was der Untergrund preisgibt, sind nicht immer Antworten. Andernfalls wäre es auch nur halb so spannend…
Wir danken beiden Referenten und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen im Museum Bautzen, wo am 8. April unsere Jahrestagung stattfinden wird.