Rückblicke 2018
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Längst gehören Busexkursionen zu Sonderausstellungen zu unserem Aktivitätsprogramm. In diesem Jahr bot unsere traditionelle Adventsveranstaltung Gelegenheit, die Sonderausstellung „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“ im Berliner Gropius-Bau zu besuchen. Für die 37 Teilnehmer lohnte der Blick über die Landesgrenzen hinaus in jedem Fall. Die Ausstellung umkreist anhand archäologischer Funde aus allen Bundesländern Themenkomplexe, die von jeher treibende Kräfte der Menschheitsgeschichte waren: Mobilität, Konflikt, Austausch und Innovation. Besonders in einem Durchgangsland wie Sachsen lassen sich Spuren kultureller Vielfalt sowie von Austausch und Kommunikation in vergangenen Zeiten archäologisch gut fassen.
Wir danken der Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik sowie Dr. Christine Reich herzlich für ihre instruktiven und erhellenden Führungen!
Abbildungsnachweis: © Norman Döhlert-Albani (1,2,4), AGiS (3)
Am nördlichen Stadtrand von Dresden schneidet sich die Große Röder tief in den Untergrund. Das imposante Durchbruchstal bot die Kulisse für einen großartigen Landschaftspark, der ab 1781 von Hans Moritz Graf von Brühl (1746 – 1811) und Johanna Christina Margaretha (Tina) (1756-1816) mit großem Engagement geschaffen wurde. Sie konzipierten entlang des Flusslaufes der Großen Röder 40 Gartenpartien und Denkmäler, die seit 1981 vom Thalverein e.V. zu neuem Leben erweckt wurden.
Ob der im beginnenden 18. Jahrhundert noch vollständig erhaltene früheisenzeitliche Burgwall eine Rolle bei der Gartengestaltung spielte, ist noch nicht geklärt. Nach seiner Wiederentdeckung 1950 wurde er regelmäßig von Archäologen besucht, auch weil der erhaltene Walltorso immer wieder von Seifersdorfer Bauern frequentiert wurde, die hier Lehm für den Ofenbau stachen. 1965 erfolgte eine Ausgrabung unter der Leitung von Reinhard Spehr. Über die Ergebnisse berichtete Lothar Simon, der 1965 an der Grabung teilnahm und der im Rahmen einer kleinen Ausstellung zur Ortsgeschichte im Seiferdorfer Schloss die Archäologie der Umgebung vorstellte.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verfielen die Anlagen immer mehr, so dass sich in der Folge ein naturnaher Wald entwickeln konnte, der 1961 unter Schutz gestellt wurde. Im Mai 2010 fegte ein Tornado durch das Tal und hinterließ im Hochwald Schneisen der Zerstörung. Das Naturschutzgebiet inklusive Landschaftspark befindet sich heute im Eigentum des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V., der nach den schweren Schäden 2010 das forstliche Management zugunsten eines nachhaltigen Prozessschutzes ausrichtete. Der Spaziergang durch das Tal fand mit einem Besuch der Seifersdorfer Kirche (mit eindrucksvoller Innenausstattung), dem Schloss Seifersdorf und einem Abstecher auf die alte Salz- und Glasstraße (mit Steinkreuz) seinen Abschluss.
Bildnachweis: © Thomas Westphalen (1), Jasmin Kaiser (2,3), Wikipedia (4)
Zusammen mit dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V. und den Freunden des smac e.V. reiste die AGiS am 20. Oktober bei herrlichem Herbstwetter auf den „Spuren des Thietmar von Merseburg“ von Eythra nach Merseburg. Anlass der Busexkursion war die 1000jährige Wiederkehr des Todesjahres des Merseburger Bischofs, der uns in seiner Chronik ein einzigartiges Zeugnis über seine neunjährige Wirkungszeit als Merseburger Bischof hinterließ.
Ihm widmeten die „Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstift Zeitz“ eine großartige Sonderausstellung im Merseburger Dom, durch die uns die Kuratoren Markus Cottin und Lisa Merkel am Nachmittag führten. Auf den Spuren Thietmars zu reisen, hieß Orte kennenzulernen, die ihm wichtig waren, wie z.B. das vor 40 Jahren überbaggerte Eythra oder seinen heute überpflügten Hof bei Eisdorf. Die Wüstung Treben bei Dehlitz nahe der Einmündung der Rippach in die Saale vermittelte den Eindruck einer vor 1000 Jahren bedeutenden Siedlung, wie Befestigung und Friedhof zeigten.
Auf seinen Spuren zu reisen, heißt aber auch, die Kulturlandschaft in ihren vielfältigsten Facetten kennenzulernen. Dazu gehört Röcken, der Geburts-, Sterbe- und Begräbnisort Friedrich Nietzsches, ebenso wie die Stätten der Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Rheinbund auf der einen und Preußen, Russland und Österreich auf der anderen Seite, die fast auf den Tag genau vor 205 Jahren mit der Flucht Napoleons aus und der Gefangennahme von König Friedrich August l. in Leipzig ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten.
Vorausgegangen war im Mai 1813 die Schlacht von Großgörschen bzw. Lützen und die Zerschlagung des Lützowschen Freikorps bei Kleinschkorlopp im Juni 1813. Zur Kulturlandschaft gehören auch die zahlreichen Zeugnisse der Industriegeschichte zwischen Eythra und Merseburg, für die pars pro toto uns jene der Salzgewinnung interessierten. Elsterfloßgraben und Gradierwerk von Bad Dürrenberg führten uns die Bedeutung dieser Industrie eindrücklich vor Augen, die auch ein Grund für den bereits in der älteren Bronzezeit erkennbaren Wohlstand in der Region gewesen sein dürfte.
Bildnachweis: © Joanna Wojnicz (1), Stefan Lang (2-4)
Unsere Gemeinschaftsexkursion mit den Freunden des smac e.V. führte uns in diesem Jahr in die Dordogne – eine Region in Herzen Frankreichs, deren Karstgebiete auch während der Eiszeiten den Menschen günstige Lebensbedingungen boten. Sowohl Homo erectus, Neandertaler als auch der moderne Mensch hinterließen in diesem vom Klima begünstigten Landstrich Spuren ihres Daseins. Während der Jüngeren Altsteinzeit entstanden in Höhlen und Felsüberhängen Darstellungen von Tieren, Zeichen, selten auch Menschen, die hier in einzigartiger Dichte erhalten geblieben sind.
Unsere Exkursion führte u.a. in die Höhlen von Rouffignac, Font de Gaume, Pech Merle, Cougnac sowie zur Nachbildung der für die Öffentlichkeit unzugänglichen Höhle von Lascaux und zu Felsüberhängen von Cap Blanc und Castel Merle. Oft boten geologische Formationen einen spektakulären Rahmen für die künstlerischen Hinterlassenschaften unserer Ahnen. Mit Ruth Hecker (Urgeschichtlerin, Ausstellungskuratorin, Pädagogin) stand unserer Gruppe eine ausgesprochene Kennerin der Region zur Seite, deren Kontakte uns vielfach persönliche Begegnungen mit Forschern ermöglichten, die Gelegenheit zu fachlichem Austausch boten.
Neben Höhlen- und Museumsbesuchen kam auch die praktische Seite nicht zu kurz: Unter Anleitung von Isabelle Castanet und Didier Sebastianutti konnte man den Gebrauch der Speerschleuder ausprobieren oder seinen persönlichen Faustkeil fertigen. Auch überirdische Sehenswürdigkeiten und kulinarische Genüsse des Périgord luden zum Verweilen ein, und so begleiteten uns – neben Souvenirs – viele unvergessliche Eindrücke mit nach Hause.
Ein herzlicher Dank an Ruth Hecker, die uns auf dieser eindrucksvollen Reise die perfekte Begleiterin war!
Bildnachweis: © AGiS (1-15), Peter Bossert (16)
Am 28. September nahm hinter der Dresdner Frauenkirche ein vollbesetzter Oldtimerbus Fahrt auf, um sich auf Spurensuche nach den Stätten mittelalterlicher Gerichtsbarkeit in Dresden zu begeben. Eingeladen hatten Mario Sempf (AGiS), Katharina Salomo und Thomas Zahn (AGiS), um Geschichten von unehrenhaften Todesarten, vergessenen Richtstätten und geachteten Scharfrichter-Dynastien zu erzählen. Ebenso ungewöhnlich wie das Thema der unterhaltsam-schauerlichen Rundfahrt war die Reiseroute: nachdem man die Altstadt hinter sich gelassen hatte, führte die Reise vor die einstigen Tore der Stadt, querte Löbtau, dann die Neustädter Seite und bei einem Zwischenstopp vis-a-vis der Elbschlösser wurde man mit ungebremster Spielfreude unterhalten. Ob es um Hexenprozesse, Brandstifter oder Muttermörder ging – die Geschichten beruhen auf überliefertem Faktenwissen.
Wir danken Mario Sempf, Katharina Salomo und Thomas Zahn herzlich für diese originelle Zeitreise!
Wer die Tour verpasst hat, kann die Geschichten nachlesen oder sich für die nächste Bustour anmelden.
Abbildungsnachweis: © AGiS
Am 7. September lud Dr. Thomas Westphalen die Mitglieder der AGiS zu einer Exklusivführung an der Dresdner Augustusbrücke. Umfangreiche Sanierungsarbeiten und der anhaltend niedrige Wasserstand hatten die Sichtung und Dokumentation mittelalterlicher Pfeilerfundamente auf der Neustädter Seite möglich gemacht. Einst befand sich hier die längste Steinbrücke Europas: mit 23 Bögen überspannte sie die ehemalige Furt.
Die Pfeilerreste, die bei Normalpegel nicht sichtbar sind, zeigen Aussparungen, durch die die Steine miteinander verklammert waren. Dieser mittelalterlichen Steinbrücke, die an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert entstand, ging vermutlich eine Holzbrücke mit Steinfundamenten voraus. In der Barockzeit wurde die Brücke neu gebaut, um den Erfordernissen der Schifffahrt zu genügen.
Die heutige Augustusbrücke geht auf Umbauten zwischen 1907 und 1910 zurück. Allein der Bau der ältesten Steinbrücke muss ein hohes Materialvolumen und einen enormen Transportaufwand erfordert haben. Und spätestens wenn man seinen Blick auf die Kulisse der Dresdner Altstadt richtet, erahnt man die Größe der Lücke, die jahrhundertelange Steinbrucharbeiten im Elbsandsteingebirge hinterlassen haben.
Mehr zum Thema: Reinhardt Spehr: Die alte Augustusbrücke in Dresden. (Arbeitsheft 22 des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen). Dresden 2015
Abbildungsnachweis: ©Lutz Jansen (1,2), ©AGiS (3,4)
Wer sich am 23. Juni nicht von den widrigen Wetterprognosen abschrecken ließ, um vorgeschichtliche und frühmittelalterliche Burganlagen am Elblauf zwischen Meißen und Rauer Furt zu erkunden, wird an unsere archäologisch-heimatkundliche Radtour großen Gefallen gefunden haben.
Selbst Mitglieder der Freunde des smac e.V. hatten die weite Anreise aus dem Chemnitzer Raum auf sich genommen. Die über 40 TeilnehmerInnen aller Altersstufen trotzten episodischen Regenfällen, gelegentlichen Windböen und kühlen Temperaturen und wurden dafür mit gewaltigen Burgwällen, romantischen Ausblicken und einem Seeadler belohnt, der majestätisch über dem „Göhrisch“ kreiste.
Von allen Strapazen und Widrigkeiten durften sich die Radler in der Pension „Lebensart“ in Niederlommatzsch erholen. Wir danken Familie Weigel für die freundliche Bewirtung, Herrn Dr. Helge Landmann vom Hahnemannzentrum e.V. für seine Führung durch die Klosterruine Heilig Kreuz sowie dem Föderverein für Heimat und Kultur in der Lommatzscher Pflege für die Unterstützung.
Abbildungsnachweis: © AGiS
Am 3. Juni fand im Chemnitzer Schloßbergmuseum die feierliche Buchpräsentation des Bandes „Archäologie und Baugeschichte des ehemaligen Benediktinerklosters Chemnitz“ von Dipl.-Prähist. Volkmar Geupel und Dr. Yves Hoffmann statt. Das einstige Klosterareal, das heute auch das Schloßbergmuseum beherbergt, entstand 1136 auf einer Anhöhe über dem Lauf der Chemnitz. Bis zu seiner Auflösung im Jahr 1541 entwickelte sich das Benediktinerkloster zu einem der reichsten Klöster der Mark Meissen.
Den akribischen Forschungen der Autoren Geupel und Hoffmann in den Jahren 1981 – 1993 ist es zu verdanken, dass die Baugeschichte des Klosters sowie das Fundmaterial nun in einer umfassenden Zusammenschau vorgelegt wurden. Nach einer gebührenden Würdigung der Autoren zeichnete Dr. André Thieme in einem kurzweiligen Vortrag die historische Entwicklung des Klosters nach. Für die angemessene musikalische Umrahmung der Veranstaltung sorgte das Ensemble „Convivium Musicum Chemnicense„, das sich insbesondere der Erforschung und Pflege des musikalischen Erbes der Frühen Neuzeit im sächsisch-erzgebirgischen Raum widmet.
Die Veröffentlichung der Publikation durch das Landesamt für Archäologie Sachsen erfolgte mit großzügiger Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Chemnitz sowie mit Unterstützung der AGiS und des Freundeskreises Schloßbergmuseum e.V. Eine Vortragsreihe wird das Thema „Klöster in Sachsen“ in den kommenden Monaten vertiefen.
Abbildungsnachweis: © Volkmar Geupel (1), AGiS (2, 3), Landesamt für Archäologie Sachsen (4)
Bei hochsommerlichen Temperaturen lud Dipl.-Prähist. Volkmar Geupel am 26. Mai zur Exkursion ins Erzgebirge nahe der Bergstadt Marienberg ein. In der zweiten Hälfte des 12. bis in die ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts wurde diese Region unter maßgeblicher Beteiligung von Kaiser Friedrich I. Barbarossa in eine Kulturlandschaft umgewandelt. Ein Zeugnis dieser Epoche ist die Burg Niederlauterstein, die um oder kurz nach 1200 entstand und deren imposanter Bergfried die Landschaft noch heute überragt.
Nahe Zöblitz statteten wir der Burg auf dem Löwenkopffelsen und der zugehörigen Burgsiedlung Schwedengraben einen Besuch ab. Entlang des „Grünen Grabens“, einem 8 km langen Kunstgraben, führte unser Weg zu einen Plateau beim Nonnenfelsen. Erst vor wenigen Jahren wurde die Burgstelle, die sich einst hier befand, als solche erkannt.
Den Schlusspunkt der Exkursion bildete der Besuch der Lauterbacher Wehrkirche: Dem einfachen Saalbau hatte man im 15. Jahrhundert ein gezimmertes Wehrgeschoss inklusive Schießscharten und Pechausgüssen aufgesetzt. Die jahrzehntelange wissenschaftliche Auseinandersetzung von Volkmar Geupel mit den archäologischen Hinterlassenschaften dieser Region sowie die Gabe, Forschungsergebnisse anschaulich vermitteln zu können, machen den Wert dieser Exkursionen aus. Wir danken sehr herzlich für die schöne Veranstaltung!
Abbildungsnachweis: © Matthias Gutsche (1), AGiS (2-4)
Am 15. Mai luden AGiS und das Landesamt für Archäologie Sachsen zu einem Ausflug in die Kulturgeschichte des Rauchens ein: Mit seinem breit gefächerten Vortrag führte Dr. Ralf Kluttig-Altmann (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt) in die Welt der Tonpfeifen ein und daraufhin folgten Taten. Tabak wurde zunächst unter medizinischen Aspekten aus der Neuen Welt nach Europa importiert.
Dank seiner belebenden und den Hunger dämpfenden Wirkung kam es besonders unter den Söldnern des 30jährigen Krieges zur massenhaften Verbreitung. Das „Tabaksaufen“ mittels Tonpfeifen vollzog einen raschen Siegeszug durch alle gesellschaftlichen Schichten. Ihre millionenfache Herstellung und die hohe Zerbrechlichkeit machen sie zu einem häufigen Beifang auf Stadtkerngrabungen.
Form, Verzierungen und Herstellermarken lassen meist eine genaue Datierung zu und machen sie damit zu einem Leitfossil der Neuzeitarchäologie. Obwohl das Pfeifenbäckerhandwerk seit Jahrzehnten erloschen ist, gab es im Anschluss an den Vortrag Gelegenheit, eine Tonpfeife aus Altbeständen zu erwerben und gemeinsam dem Lebensgefühl von Pfeifenrauchern nachzuspüren. Zufrieden hüllte man sich in Rauchschwaden und fröhnte der „trockenen Trunckenheit“. Und: keine einzige Pfeife ging an diesem Abend zu Bruch…
Der Tabak für diese Veranstaltung wurde freundlicherweise von den Fachgeschäften Tabak Fischer (Dresden-Schillerplatz) und Wolsdorff Tobacco GmbH Dresden (Dresden-Neumarkt) zur Verfügung gestellt.
Bildnachweis: © Norman Döhlert-Albani
Das Muldental zwischen Döbeln und Leisnig gehört zu den reizvollsten Landschaften in Mittelsachsen und ist mit einer großen Denkmaldichte gesegnet. Es war also allerhöchste Zeit, seine Boden- und Naturdenkmäler zu erkunden.
Die ca. 45 Teilnehmer ließen sich daher am Dienstag, dem 1. Mai weder von heftigem Gegenwind noch erheblichen Höhenunterschieden davon abhalten, mehrere vorgeschichtliche und mittelalterliche Befestigungen zu erklimmen, ausgedehnte Naturschutzgebiete kennenzulernen und schließlich in Kloster Buch die Gastfreundschaft und Detailkenntnis der Mitglieder des Fördervereins zu genießen.
Wir danken Herrn Frank Ende für seine fachkundigen naturschutzfachlichen Erläuterungen und allen Mitgliedern des Fördervereins Kloster Buch für Mittagessen und Führung durch die Klosteranlage. Gegen die Verwüstungen, die der Sturm Friederike in den Wäldern auf beiden Seiten des Tales im Spätwinter hinterlassen hat, konnten wir allerdings nichts ausrichten: Deshalb mussten zwei wichtige Ziele in diesem Jahr auf der Strecke bleiben: Die bronzezeitliche Befestigung auf dem Staupen und die Maylust oberhalb des Klosters.
Wir haben also 2019 allen Anlass, erneut durch das Muldental zu radeln.
Erstmalig führten wir eine mehrtägige Jahrestagung gemeinsam mit den Vereinen „Archäologische Gesellschaft in Berlin und Brandenburg e.V.“ und „Freunde des smac e.V.“ durch. Vom 13. bis 15. April 2018 waren wir im Neuen Schloss in Bad Muskau zu Gast und standen damit in guter Tradition: Am 6. Juni 1892 waren hier die Mitglieder der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz zu ihrer fünften Hauptversammlung zusammengekommen.
Am Freitag wurde die Tagung mit einem Abend-Vortrag Prof. Dr. Louis Nebelsick (Warschau) zum Thema „Der Goldfund von Vettersfelde und das früheisenzeitliche Burgensystem im Oder-Neiße-Gebiet“ eröffnet. Die Vorträge, die am Samstag unter dem Motto „Grenzenlos? Archäologie am Fluss – Forschung beiderseits von Oder und Neiße“ von Referenten aus Brandenburg, Polen und Sachsen gehalten wurden, zeigten, wie lebendig, menschen- und generationenübergreifend archäologische Forschung und Denkmalpflege in Mitteleuropa sein können.
Nach einer Führung durch Schloss und Park wurde die Mitgliederversammlung unserer Gesellschaft abgehalten. Erfahrbar wurden die Grenzräume am folgenden Exkursionstag, der nach Schlesien und Brandenburg führte, wo der Besuch der Sumpfschanze von Witzen/ Wicina und des Brühlschen Schlosses Pförten/ Brody einen besonderen Eindruck hinterließen.
Abbildungsnachweis:© Gerson Jeute (1,2,4); Rolf Ullmann (3)
Dem Kloster Grünhain widmete sich eine gemeinsam mit dem Förderverein Schloss Schlettau e.V. und dem Kulturhistorischen Förderverein Grünhain e.V. am 18. März durchgeführte Veranstaltung. Zu Beginn wurden im Rittersaal des Schlosses Schlettau Vorträge zu Archäologie, Bauforschung und historischer Entwicklung des Klosters angeboten. Was heute kaum bekannt ist: Im erzgebirgischen Grünhain befand sich im Spätmittelalter mit dem Zisterzienserkloster St. Marien und St. Nikolaus eine der bedeutendsten und wohlhabendsten Abteien Sachsens.
Die hiesigen „weißen Mönche“ (wie die Zisterzienser aufgrund der Farbe ihrer Ordenstracht genannt wurden) verfügten über einen umfangreichen Grundbesitz, der vom thüringischen Raum bis nach Böhmen reichte. Seit 1413 gehörte auch die Herrschaft Schlettau zu den klösterlichen Besitzungen. 1533/36 wurde das Kloster im Zuge der Reformation aufgelöst, die Gebäude in den folgenden Jahren abgebrochen.
Trotz widriger Wetterverhältnisse wurde im Anschluss die Gelegenheit zum Rundgang durch das ehemalige Klostergelände genutzt. Von der einst imposanten Anlage blieben neben der über einen Kilometer langen Umfassungsmauer lediglich drei, inzwischen baulich stark veränderte Gebäude sowie die Grundmauern der Kirche erhalten. Letztere wurden von 1992 bis 1994 durch das Landesamt für Denkmalpflege freigelegt.
Ende der 1990er Jahre erfolgte schließlich unter der Leitung des Landesamtes für Archäologie Sachsen eine umfassende Untersuchung und digitale Rekonstruktion des einstigen Klosterkomplexes, der laut Dr. Thomas Westphalen zu den besterhaltensten sächsischen Zisterzienserklöstern gehört. Nachdem wir der Ruine der St. Oswaldkirche (sog. „Dudelskirche“) in Waschleithe noch einen kurzen Besuch abgestattet hatten, konnte man sich im Landgasthof & Hotel „Osterlamm“ aufwärmen.
Wir danken Christian Lieberwirth M.A., Bernd Neukirchner und Dr. Thomas Westphalen für diesen interessanten Tag!
Abbildungsnachweis: © Frank Eberlein, Christian Lieberwirth
Am 10. März erkundeten wir gemeinsam mit Dr. Susanne Baudisch und lokalen Unterstützern das Kohrener Land. Nach einer Einführung in die Besiedlungsgeschichte der Region statteten wir der Burg Kohren einen Besuch ab. Das heutige Kohrener Land war seit dem 8./ 9. Jahrhundert punktuell durch Slawen besiedelt, seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert wurde es im Zuge des Landesausbaus flächenhaft erschlossen.
Die Burg Kohren wurde bereits im 15. Jahrhundert als Wohnsitz und Befestigung aufgegeben. Geblieben sind die Wahrzeichen der Stadt: die beiden gut erhaltenen Türme. In enger Nachbarschaft erbaute man um oder nach 1200 die Pfeilerbasilika St. Gangolf (bischöflich-merseburgische Eigenkirche vor 981). Im zugehörigen Pfarrhof ist mittlerweile die Heimvolkshochschule untergebracht, die als Seminarzentrum und Herberge dient, und wo wir ausgesprochen gastfreundlich aufgenommen wurden.
Vorbei am ehemaligen Lebensbornheim (1941-45) führte der Weg zum Ossabach, wo sich im Wald Altstraßen deutlich als eingeschnittene Hohlwegbündel abzeichnen: Besonders in Hanglagen war der Bodenabtrag durch Bremsmanöver und Ausspülung so stark, dass tiefe Fahrrinnen zurückblieben. Vermutlich reiste schon Thietmar von Merseburg, als er Kohren im Jahr 1018 besuchte, auf diesen Wegen.
Nach einer Stärkung in der Heimvolkshochschule und Ausführungen zur jüngeren Geschichte der Töpferstadt Kohren-Sahlis führte der Weg durch den Streitwald, entlang zahlreicher Hohlwege bis zur einstigen Wolfsburg („Alte Burg“) – einer Turmhügelburg mit gut erhaltenem Graben, deren Blütezeit im 14./ 15. Jahrhundert lag. Den krönenden Abschluss bildete der Besuch von Schloss Wolftitz, eine im Kern spätgotische Schlossanlage, die – während der DDR-Zeit als Altersheim genutzt – wieder in den Besitz der Familie von Einsiedel zurückgekehrt ist.
Der Hausherr öffnete uns Türen, die sonst verschlossen bleiben, und gewährte uns Einblicke in die Wohn- und Wirtschaftsräume, Kapelle und Keller. Von hier (oder von der benachbarten Wolfsburg) soll der Sage nach Kunz von Kaufungen im Jahr 1455 zum Altenburger Prinzenraub aufgebrochen sein, was ihm bekanntlich kurze Zeit später den Kopf kostete. Noch sind die Narben der DDR-zeitlichen Nutzung des Schlosses nicht verheilt – umso mehr Respekt verdient die behutsame Instandsetzung, die die kommenden Jahre beanspruchen wird, und für die wir gutes Gelingen wünschen.
Ein herzlicher Dank allen, die zu diesem facettenreichen Tag beigetragen haben: Dr. Susanne Baudisch, Frau Barthel, Peter Ruf, Gert Schreiber, Volkmar Geupel und Alexander von Einsiedel!
Am 28. Januar führte uns Jasmin Kaiser M.A., Ausstellungskuratorin und AGiS-Vorstandsmitglied, durch die Sonderausstellung „Tod & Ritual. Kulturen von Abschied und Erinnerung“ im Chemnitzer Archäologiemuseum smac. Die Ausstellung erzählt – ausgehend vom prähistorischen Gräberfeld von Niederkaina bei Bautzen – über den Umgang mit Verstorbenen. Auf dem Niederkainaer Schafberg wurden zwischen 2500 und 500 v. Chr. Tote bestattet und dank intensiver archäologischer Forschung kann heute ein aufwändiges Totenritual sichtbar gemacht werden.
Der Individualität des Sterbens wurde ein geregelter Handlungsrahmen (Ritual), entgegengesetzt, der Ordnung und Orientierung schuf. Diese Fürsorge über den Tod hinaus wurde während der Bronzezeit europaweit in ähnlicher Art und Weise praktiziert: Üblich war z.B. die Verbrennung des Toten auf dem Scheiterhaufen mit Speisen- und Getränken; möglicherweise waren diese der Versorgung des Verstorbenen gewidmet oder Gaben, die die Götter gnädig stimmen sollten.
Dass auch Hinterbliebene ein festliches Abschiedsgelage feierten, ist in antiken Quellen belegt. Auch die Vorstellung, dass das Leben nach dem Tod andernorts fortgesetzt wird, ist aus vielen historischen Kulturen überliefert. Während der Bronzezeit symbolisieren Vögel, Boote und Wagen, die auch aus Grabkontexten stammen, den Wechsel zwischen Diesseits, Jenseits und göttlicher Sphäre. Häusliche Elemente wie hausförmige Urnen, Grabkammern oder Totenhäuser boten über den Tod hinaus Schutz.
Die akribische Arbeitsweise der Archäologie wird am Beispiel der Blockbergung einer eisenzeitlichen Urnenbestattung aus Niederkaina sichtbar. Weitere wertvolle Bausteine zur Rekonstruktion prähistorischen Lebens und Sterbens liefern anthropologische Untersuchungen der Knochenreste: hier kristallisieren sich sowohl Einzelschicksale, als auch Lebenserwartung und Lebensbedingungen der auf dem Schafberg bestatteten Bevölkerung heraus.
Von den Geschichten der über 2000 Gräber ausgehend, greift die Ausstellung weit über den Rahmen der Archäologie hinaus und zeigt die weltweite Vielfalt der Bestattungs- und Gedenkrituale in traditionellen Kulturen sowie in modernen Gesellschaften. Durch den Vergleich mit Bild- und Schriftquellen aus dem Alten Ägypten und dem antiken Griechenland erhellt sich der Hintergrund der mitteleuropäischen Bestattungssitten; konkrete Bezüge finden sich z.B. in den detaillierten Schilderungen in Homers Epos „Ilias“.
Am Ende der Ausstellung – nach Sichtung aller Optionen – erhält man Gelegenheit, eigene Einstellungen und Wünsche zum Tod zu äußern. Empfohlen sei auch die Lektüre des Begleitbandes, der wissenschaftliche Sichtweisen unterschiedlicher Fachrichtungen zum Thema Tod in gelungener Weise vereint. Eine universelle Ausstellung, die breite Aufmerksamkeit verdient – Gratulation an die Kuratoren Jasmin Kaiser, Gabriela Manschus und Jens Beutmann!
Am 23. Januar fanden sich rund 70 Zuschauer zum ersten Filmabend der AGiS im Dresdner Programmkino Ost zusammen, um gemeinsam den Film „Der Mann aus dem Eis“ zu sehen. Felix Randaus Verfilmung der letzten Lebenstage von Ötzi wurde in jener Region gedreht, in der er vor ca. 5200 Jahren starb. Sogwirkung erzeugten die monumentalen Landschaftsaufnahmen und die Geräuschkulisse. Die wenigen Dialoge in frühem Rätisch erschlossen sich auch ohne Untertitel.
Sehgewohnheiten aus Hollywood-Filmen wurden hier nicht bedient: es gab keinen einzigen kitschigen Moment; der Hauptdarsteller war immer geerdet, existentiell aufs Überleben fokussiert. Und ja, es gibt brutale Szenen – einen schönen, sauberen oder heroischen Tod stirbt hier niemand. Aber den Film darauf zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht. Jürgens Vogels Markenzeichen (das Grinsen mit Problemgebiss) blieb ungezeigt – es gab einfach keinen Grund.
Aus Sicht der Archäologen hat der Film bestanden, wie die Gespräche im Anschluss zeigten. Diejenigen, die sich mit Visualisierung und Rekonstruktion beschäftigen, wissen um den Mut, der dazu gehört. Der Film ist ein Beispiel für die Lebenswelt in der Kupferzeit – nebensächlich, ob die Geschichte nun genau so ablief oder nicht. Neben dem Kampf ums Überleben schimmerten die Mühen des Alltags durch. Fazit: Ein sehenswerter Film, und wer das quälende Sterben nicht sehen mag, hat den Luxus, wegschauen zu können.
Aufgrund der großen Resonanz auf die Veranstaltung planen wir für den nächsten Winter eine Fortsetzung – Film-Vorschläge werden entgegengenommen!
Abbildungsnachweis: Mit freundlicher Genehmigung des Regisseurs und des PK Ost.