Rückblicke 2012
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Eine Übersicht unserer vergangenen Aktivitäten
Es ist immer eine Sternstunde der Archäologie, wenn sich schriftliche Urkunden und archäologische Überlieferung gegenseitig ergänzen und sogar bestätigen. An einem besonderen Glücksfall ließ der ehemalige Referatsleiter am Landesamt für Archäologie, Dipl. phil. Reinhard Spehr, am 10.11.2012 in der Evangelischen Akademie zu Meißen ein über 100köpfiges Auditorium teilhaben:
Im Frühjahr 1983 wurde er von dem ehrenamtlichen Beauftragten der Denkmalpflege Hans-Jürgen Pohl nach Meißen in den Kreuzgang des ehemaligen St. Afra-Klosters gerufen. Bauarbeiter waren bei Umbauten in der damaligen LPG-Hochschule auf eine außergewöhnliche Grabplatte gestoßen. Darauf dargestellt und namentlich benannt sind jene vier Zwickauer Ratsherren, die am 10. Juli 1407 am Fuße des weißen Turmes der Burg Meißen mit dem Schwert hingerichtet und im Augustiner-Chorherrenstift St. Afra bestattet worden waren.
Reinhard Spehr schilderte nicht nur ebenso lebhaft wie lebendig die Entdeckung und Ausgrabung dieser Grablege, sondern auch die Ergebnisse der anthropologischen Untersuchungen und die Einordnung des Fundes in den landeshistorischen Kontext. Einen längeren Exkurs widmete der Referent der Entwicklung der Meißner Burg und wies immer wieder darauf hin, wie viel Vermutung selbst bei günstiger Überlieferung jeder Interpretation innewohnt. Die Zuhörer, unter denen auch zahlreiche Mitglieder der Archäologischen Gesellschaft waren, dankten dem Referenten für die plastische Darstellung mit langem Applaus und einer engagierten Diskussion.
Die Veranstaltung klang mit einem Abstecher zum Schauplatz des Ausgrabungsgeschehens im restaurierten Kreuzgang aus, wo die Grabplatte unter einer Glasplatte besichtigt werden kann.
Anlässlich des Tages der Landesarchäologie am 05.11.2012 trafen sich die Mitglieder der Archäologischen Gesellschaft in Sachsen knapp ein Jahr nach der Gründung im Japanischen Palais zu Dresden zu ihrer ersten Mitgliederversammlung. Thema war hauptsächlich die Entwicklung der Gesellschaft in ihrem ersten Jahr, die überaus positiv wahrgenommen wurde und sich vordergründig am reichhaltigen Veranstaltungskalender 2012 sowie der auf 80 Personen angewachsenen Mitgliederzahl ablesen lässt.
Die Route am 20.10.2012 wählte Dr. Gunter Oettel, unter dessen fachkundiger Führung die Teilnehmer das einzigartige Denkmalensemble der mittelalterlichen und neuzeitlichen Verkehrsinfrastruktur kennenlernen durften. Südlich der Stadt Zittau haben sich dank der günstigen landschaftlichen Bedingungen zahlreiche Spuren der mittelalterlichen Verkehrswege erhalten. Besonders die Gabler Straße bietet mit ihren Nebenwegen ein noch heute beeindruckendes Bild der mittelalterlichen „Europastraße“ von der Oberlausitz nach Prag. Zu sehen waren Hohlwege eines namenlosen Nebenweges der Gabler Straße am Schleiferbuchenweg, Hohlwege der Gabler Straße mit Straßensperre und der Ruine der Zoll- und Geleitsburg Karlsfried von 1357 sowie zwei Steinkreuze unterhalb der Ruine. Die sechsstündige Wanderung führte auch über die neuzeitliche Pflasterstraße der Gablerstraße, die bis 1848 genutzt wurde und über die moderne Straße nach Lückendorf. Ganz unabhängig von den straßentechnischen Anlaufpunkten begeisterte die Wanderung durch die schöne herbstliche Waldlandschaft, die hier und da einen Blick auf Zittau und das Zittauer Gebirge gestattete.
Am 10.10.2012 führten Grabungsleiterin Petra Schug M.A. und Dr. Thomas Westphalen Mitglieder der AGiS und interessierte Leipziger über das Grabungsareal der Leipziger Hainstraße. Dieses liegt am Kreuzungspunkt der ältesten Fernhandelsstraßen Leipzigs, der „via regia“ (heute Brühl) und der „via imperii“ (heute Hainstraße), wo sich der früheste Markt („Eselsmarkt“) befunden haben soll. Darüber hinaus liegt es in unmittelbarer Sichtnähe zur „urbs lipzi“, jener Burg, die in der schriftlichen Ersterwähnung Leipzigs, in der Chronik Thietmars von Merseburg aus dem Jahr 1015, erwähnt wird. Diese slawische Burganlage konnte der Archäologe und Kunsthistoriker Herbert Küas während des Baus der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, Große Fleischergasse Nr. 11, lokalisieren. Die „Hainspitze“ liegt also noch im ehemaligen Vorburggelände und damit in der Keimzelle der Stadtwerdung.
Am 15.09.2012 nahmen über 30 Geschichtsinteressierte an der von Volkmar Geupel geführten Wanderung rund um Niederlauterstein teil. Die Wanderung fand in Kooperation mit dem Geschichtsverein Niederlauterstein e.V. statt und dauerte reichlich 2,5 Stunden.
Etwa 35 historisch und heimatkundlich Interessierte nahmen am 15.09.2012 die Gelegenheit wahr, sich mit dem Fahrrad auf die Spuren der wechselvollen Besiedlungsgeschichte der Großenhainer Pflege zu begeben und im Rödertal zwischen Großenhain und Frauenhain 4500 Jahre Kulturgeschichte von der späten Jungsteinzeit bis ins Mittelalter zu erfahren. Entlang der Röder hat die vorgeschichtliche und mittelalterliche Besiedlung der Region besonders dichte Spuren hinterlassen: Grabfunde der Schnurkeramik, zahlreiche Gräberfelder, Siedlungen und Hortfunde der Bronzezeit, Dörfer der jüngeren Römischen Kaiserzeit sowie Turmhügelburgen des hohen Mittelalters. Weitere Höhepunkte bildeten eine Führung durch Schloss, Palais und Park in Zabeltitz, die Kirchen in Zabeltitz und Frauenhain mit herausragenden Altären des frühen und späten 16. Jahrhunderts sowie die Suche nach der mittelalterlichen Turmhügelburg von Bauda, die der jüngste Teilnehmer als Erster entdeckte.
Die Burgen an der Rauhen Furt sind immer einen Besuch wert. Am 18.08.2012 nutzten 25 Interessierte bei strahlendem Sonnenschein und glühender Hitze die Gelegenheit, die größte dieser vorgeschichtlichen Befestigungen, die Goldkuppe, zu erwandern. Die Tour führte von der sog. Heinrichsburg, einem aus dem prähistorischen Wall herausgeschnittenen Turmhügel des 12./13. Jahrhunderts, über den Aussichtspunkt oberhalb des Steinbruchs „Böser Bruder“ und den Hauptwall im Südosten zum „Staudamm“ am Eckholz und zurück nach Seußlitz.
Am 14.07.2012 führten Staatsminister Prof. Dr. Georg Unland, Dr. Thomas Westphalen und Grabungsleiterin Dr. Daniela Gräf die Mitglieder der AGiS e. V. über die am Tage zuvor beendete Grabung „Freiberg Prüferstraße“. In den drei Monaten zuvor wurden hier weitere bauliche Reste des einst bedeutenden Dominikanerklosters St. Pauli sowie Teile des Klosterfriedhofes freigelegt. Die Besucher interessierten sich insbesondere für die Teile der Kirchen- und Klausurmauern, die in ein Hörsaalgebäude integriert werden sollen.
Nun schon zum vierten Mal fand am 02. Juni 2012 eine ganztägige archäologisch-naturkundliche Themenradwanderung durch die Lommatzscher Pflege statt. Diesmal nahmen etwa 25 Teilnehmer die Gelegenheit wahr, den südwestlichen Teil dieser Altsiedellandschaft zu „erfahren“ und dabei wieder die ganze Bandbreite archäologischer Denkmäler zwischen Jungsteinzeit und Mittelalter kennenzulernen.
Die ca. 40 km lange Tour führte die Teilnehmer auf Feld- und Radwegen zu unerwarteten Zielen. Neben archäologischen Highlights lagen mit den Naturschutzgebieten „Großholz“ und „Trockenhänge südöstlich Lommatzsch“ die beiden einzigen NSG der Lommatzscher Pflege auf der Route. Am Naturschutzacker „Backofen“ (Gem. Schwochau, Stadt Lommatzsch, Bild) sowie auf dem „Burgberg Zschaitz“ (Gem. Zschaitz, Gde. Zschaitz-Ottewig) erläuterten die Exkursionsleiter Frank Ende, Michael Strobel und Thomas Westphalen den interessierten Radlern, wie Naturschutz und Denkmalpflege ihre Ziele bündeln und gemeinsame Projekte erfolgreich umsetzen können.
Trotz des schlechten Wetters ließen es sich die Mitglieder der AGiS e.V. und interessierte Meißner nicht nehmen, am 05.05.2012 dem Aufruf von Dr. Andreas Christl zum Stadtspaziergang unter dem Titel „Auf den Spuren der mittelalterlichen Juden in Meißen“ zu folgen.
Die Anwesenheit von Juden in der Mark Meißen ist bereits für das 10. Jahrhundert nachweisbar. Im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts erfolgt eine weitere schriftliche Erwähnung, die in Zusammenhang mit dem Sklavenhandel steht. Bereits für das 12. Jahrhundert ist der erste schriftliche Hinweis für eine Synagoge überliefert. Zur Fastnacht 1349 fand in Meißen ein Judenpogrom statt; eine Urkunde vom 7. März 1349 bezeugt, dass die Meißner Judengemeinde nicht mehr existiert. Neben indirekten Belegen gibt es auch zahlreiche direkte Hinweise auf die jüdische Gemeinde, wie sekundär verbaute Grabsteine in Kellern. Einige konnten wir im Rahmen der Exkursion besichtigen.
Der Spaziergang führte uns weiterhin zu den sog. Fleischbänken (Verkaufsstände der Fleischerzunft) kurz hinter der Stadtmauer, mit dem überlieferten Fleischertor und dem Jüdentor, sowie auf den jüdischen Begräbnisplatz auf dem Meißner Jüdenberg. Höhepunkt war der Besuch der Nikolaikapelle mit den weltweit größten Figuren aus Meissner Porzellan.